"Hier kommst Du nicht weiter"

Website-Struktur: der Kunde in der Sackgasse

Besonders Blogs, Lexika und Über-uns-Seiten auf kommerziellen Websites sind oft Sackgassen. Der Besucher muss sich selbst einen Weg zurück suchen, um zum zahlenden Kunden werden zu können. Nicht jeder macht das. Website-Betreiber sollten ihre Seiten daher regelmäßig analysieren und Sackgassen zu Durchgangsstraßen machen, die den Besucher weiter in Richtung Kauf führen.

Ein Internetnutzer steuert vielleicht über Google den Blog eines kommerziellen Anbieters an, liest den dort veröffentlichten Text und dann… Ende. Keine Aufforderung, doch noch diese oder jene Seite zu besuchen, kein Impuls, sich das Sortiment des Onlineshops anzusehen. Schade.

Solche Seiten sind Sackgassen. Wenn Seitenbesucher nicht selbst motiviert genug sind, über das Menü zu einer weiteren Seite zu navigieren, ist die Sackgasse für sie Endstation. Kunden werden sie nicht mehr.

Sackgassen finden

Natürlich bieten die meisten Seiten einer Website zumindest einen Zugang zum Website-Menü. Eventuell gibt es zudem eine Brotkrumen-Navigation, durch die man von jeder Seite auf eine vorherige wechseln kann (z.B. Startseite-Mode-Herren-Hosen). Sackgassen können solche Seiten dennoch sein, denn der Besucher erhält nicht immer einen Impuls, der ihn sanft in eine neue Richtung führt und ihn motiviert, letztlich eine vom Seitenbetreiber gewünschte Handlung zu vollziehen.

Es gibt mindestens zwei Möglichkeiten, solche Sackgassen zu identifizieren.

1. Im Webanalyse-Tool nachschauen

Die Metrik „% Ausstiege“ (auch „Exit-Rate“ genannt) gibt an, für wie viele Besucher die jeweilige Seite die letzte des Besuchs ist. Für manche Seiten (wie die Vielen-Dank-Seite) ist dies eine gute Sache. Der Besucher hat das gewünschte Ziel erreicht und kann die Website verlassen. Bei den meisten Seiten deutet eine hohe „% Ausstiege“-Rate jedoch darauf hin, dass ein Besucher entweder nicht wusste, wie er weiter vorgehen soll, oder hierzu nicht motiviert war. In Google Analytics finden Sie die Zahlen in allen Berichten zu einzelnen Seiten oder Gruppierungen, zum Beispiel „Verhalten > Website-Content > Alle Seiten“.

Identifizieren Sie also, welche Content-Seiten eine hohe Prozentzahl an Ausstiegen aufweisen.

2. Strukturanalyse durchführen

Auch die Struktur einer Website sollte man regelmäßig mit einer Strukturanalyse mit einem Diagramm beschreiben. Auf diese Weise kann man aufzeigen, welche Seite mit welchen verbunden ist, welche eine Handlungsaufforderung als Impuls enthält, weitere Seiten zu besuchen, und welche eine Sackgasse darstellt, die wir hier wie folgt definieren:

Eine Sackgasse in einer Website ist eine Seite, die keinen Link inklusive Handlungsaufforderung enthält, über den der Website-Besucher auf weitere Seiten der Website gelangt.

Sinnvolle Handlungsaufforderungen

Nimmt man diese Definition, erkennt man in Onlineshops verschiedene Abstufungen von Sackgassen. Beim Eintrag „Keilabsatz“ im Modelexikon des Online-Modeshops Madeleine, ist der Sackgassen-Effekt beispielsweise relativ groß. Es gibt keine Handlungsaufforderung mit einem Link, der den Seitenbesucher wieder näher ans Angebot bringt.

Ganz anders arbeitet Zalando bei seinem Modelexikon. Hier führt der Lexikoneintrag „Keilabsatz“ direkt auf eine passende Kategorieseite, auf der der Lexikoneintrag nur eine Nebenrolle spielt.
Beim Zalando-Beispiel kann man allerdings diskutieren, ob dem eigentlich vom Lexikonleser erwarteten Content genug Raum eingeräumt wird. Definitiv ist der Lexikonleser aber ganz nah am Angebot.

Sackgassen sind oft Seiten wie Blogs und Lexika, Leistungsbeschreibung eines Dienstleisters, Ratgeber- und Über-uns-Seiten. Manchmal lohnt es sich, auf ihnen einen Call-to-Action zu platzieren.

Ein Call-to-Action kann etwa im Unternehmensblog oder Lexikon ein Werbebanner sein, das in der Nähe des Beitrags platziert wird und auf eine Kategorieseite führt. Und bei Berichten eines Online-Reifenhändlers über Reifentests bietet sich eine Verlinkung der dargestellten Testsieger zur jeweiligen Produktdetailseite an, bestenfalls mit einer klaren Aufforderung, wie man es bei ReifenDirekt sieht („Reifen kaufen“).

Für jeden Onlinehändler lautet das Hauptziel: verkaufen. Vielleicht kann die eine oder andere Seite des Onlineshops diesem Hauptziel besser als bisher dienen? Man kann es zumindest versuchen.

Über-uns-Seite mal anders

Die Über-uns-Seite einer Website gehört zu den relativ häufigen Sackgassen. Dabei geht es auch anders. Ein Wein-Onlineshop könnte zum Beispiel auf dieser Seite seine Teammitglieder jeweils mit ihrem Lieblingswein vorstellen, wobei der Wein direkt zur Produktdetailseite verlinkt wird. Der Leser wird so wieder auf den Pfad zum Checkout gebracht.

Oder man schreibt (wie Vicampo) auf der Über-uns-Seite, dass man mit herausragenden Winzern zusammenarbeitet, verlinkt dann auf eine neue Seite, auf der die jeweiligen Winzer kurz vorgestellt werden. Mit einem Buttonklick gelangt man von dort auf ein ausführlicheres Porträt des jeweiligen Weinguts inklusive eines Angebots, die Weine des Weinguts zu kaufen.

Ziel erreicht. Der potenzielle Kunde hat einen Pfad erreicht, der ihn zum Kauf führt.

Nicht übertreiben mit den Aufforderungen!

Wenn irgendwann jede Seite „KAUF JETZT WAS!“ schreit, klingt das für viele wie eine Nötigung. Dann kann das, was eigentlich zur Steigerung der Conversion-Rate dienen sollte, ihr schaden.

Man muss nicht jede Sackgasse umwandeln. Aber vielleicht manche. Man sollte bei Tests auch einkalkulieren, dass man es gerade mit dem Aufforderungscharakter einer Seite übertreibt. So darf etwa ein Blog nicht zu einem Website-Bereich werden, den der Besucher nur als Abladeplatz für Werbung wahrnimmt.

Dennoch bieten sich Tests an, um durch zusätzliche Handlungsaufforderungen die Zahl der Wege, auf denen Besucher am Ende beim Checkout und bei einem abgeschlossenen Kauf landen, zu steigern. Stehen mehr Wege zur Verfügung, kommen auch mehr Leute ans Ziel: Dieser Satz ist nicht immer richtig. Aber er ist oft genug richtig, um ihn als Grundlage für Tests heranzuziehen.

Tipp zum Weiterlesen:

Der Praxisguide „Informationsorientierten Traffic effektiv nutzen“ beschreibt die Herausforderungen hier ausführlicher und zeigt weitere Wege, wie man häufige Sackgassen-Seiten sinnvoll nutzen kann.

Der Autor

Julian Kleinknecht - Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.

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