Conversion-Optimierung und KI

Neue Conversion-Booster: Bilderkennung und KI?

Künstliche Intelligenz (KI) zur Bilderkennung und Bildanalyse ermöglicht eine intuitive visuelle Suche nach Produkten. Führt der Einsatz solch einer KI zu steigenden Conversion-Raten? Nicht zwangsläufig. Der folgende Artikel zeigt einige Praxisbeispiele und nennt ein mögliches Risiko, das mit visueller Suche verbunden ist.

Man klickt auf das Bild eines Produkts und der Onlineshop wertet das Bild, um ähnliche Produkte zu präsentieren. Vielleicht lädt man auch ein eigenes Bild eines Produkts hoch. Künstliche Intelligenz erkennt, um was für ein Produkt es sich handelt, und zeigt dem potenziellen Kunden die entsprechende Produktdetailseite oder zumindest ähnliche Produkte. Das sind zwei der Möglichkeiten, Künstliche Intelligenz (KI) dafür zu nutzen, potenzielle Kunden mithilfe von Bilderkennung bei der Suche nach dem individuell passenden Angebot zu unterstützen.

Die Gegenwart kann einige Beispiele präsentieren, in denen solch eine KI in Onlineshops und anderen kommerziellen Websites bereits eine Rolle spielt. Die Zukunft dürfte noch weitere Möglichkeiten und eine Verbreitung der Technik bereithalten. Die KI klug zu nutzen, kann Conversion-Raten und Umsätze steigern. Allerdings kann die KI im ungünstigen Fall auch mehr schaden als nutzen.

Bildanalysen mit KI für mehr Umsatz: Beispiele

Heutige Möglichkeiten der Bilderkennung und -analyse im E-Commerce umfassen eine visuelle Produktsuche mit Produktbildern im Onlineshop, die visuelle Suche anhand eines hochgeladenen Produktbilds, das der potenzielle Kunden selbst mit dem Smartphone erstellt hat, sowie neue Möglichkeiten für Shoppable Content.

Die Suche nach dem passenden Produkt wird optimiert

KI und Bildanalyse ermöglicht eine intuitive Suche nach passenden Produkten. Ein potenzieller Kunde klickt nicht mehr irgendwelche Filter an, sondern klickt auf ein bevorzugtes Produktbild und bekommt dann das dargestellte Produkt sowie ähnliche Produkte angezeigt. Anschließend kauft der potenzielle Kunde oder klickt eins der ähnlichen Produkte an. Die künstliche Intelligenz lernt dabei mit jedem Klick die Vorlieben des potenziellen Kunden besser kennen und ordnet ihm immer bessere Produktvorschläge zu.

Ein Praxisbeispiel für diesen Einsatz künstlicher Intelligenz im E-Commerce war seit 2015 der kanadische Onlineshop des ehemaligen Schuhanbieters Shoes.com. Visuelle Filter sorgten im Onlineshop für Produktvorschläge, die denjenigen Produkten ähnelten, die sich der potenzielle Kunde bisher angesehen hat.

Der virtuelle Einkauf ähnelte damit noch mehr einem von visuellen Reizen geprägten Offline-Shopping. Shoes.com existiert allerdings seit Anfang 2017 nicht mehr. Ob man das Scheitern des Anbieters auch als Scheitern der KI-Strategie werten muss, bleibt offen. Allerdings ist Shoes.com keineswegs das einzige Beispiel für solch einen Einsatz von KI.

Auch die Reisebranche nutzt KI zur Bilderkennung. So verwies die Volksbank Dünnwald-Hohlweide in einem Artikel über Künstliche Intelligenz aus dem Juni 2017 auf das Beispiel des französischen Reiseclubs Voyage Privé. Auch hier kommt Bilderkennung zum Einsatz, heißt es im Artikel. Und sie filtert aus Bildern, die dem Nutzer gut gefallen, weitere Urlaubsziele heraus, die ähnlich aussehen.

Das Userbild bestimmt die Produktauswahl

Eine Variante dieser visuellen Suche ist der mögliche Upload eines Bildes durch den Nutzer. Er fotografiert beispielsweise ein Kleidungsstück, das ihm gut gefällt. Anschließend lädt er das Foto hoch und bekommt Produktvorschläge, die dem fotografierten Objekt entsprechen oder zumindest ähnlich sind. Auch hier gibt es Praxisbeispiele. So arbeitet etwa das Unternehmen Neiman Marcus mit einer Lösung des Unternehmens Slyce, um Kunden diesen Weg des Einkaufens zu ermöglichen.

Etwas anders arbeitet das Unternehmen Urban Outfitters mit einer Slyce-Lösung. Nutzer können mit der KI-App Kleidung in Offlinestores und in Printmaterialien des Unternehmens abfotografieren. Mithilfe der App findet Urban Outfitters das passende Produkt online. Der potenzielle Kunden erhält dann beispielsweise weitere Produktinformationen. Steht er gerade in einem Urban Outfitters Offlineshop und entscheidet sich für das Produkt, kann er es online oder offline im Laden kaufen.

Einkauf beim Shoppable Content wird intuitiver

Beim Content Marketing mit Shoppable Content kann KI es potenziellen Kunden ermöglichen, aus Bildern mit mehreren Objekten eins herauszufiltern, um sich ähnliche Produkte anzeigen zu lassen. Das Social-Media-Netzwerk Pinterest ermöglicht das mit „Pinterest visual search“.

Man sieht vielleicht das Bild einer Wohnzimmereinrichtung mit Highboard, Sideboard, Esstisch, Stühlen und Wohnzimmerlampe und kann eines der Objekte (z.B. Highboard) herausfiltern, sodass es präsentiert wird. Entsprechende Lösungen gibt es auch für Shoppable Content in Onlineshops. Und wie andere Varianten der visuellen Produktsuche ermöglicht es einen besonders komfortablen und intuitiven Zugang zu Sortimenten.

Bringt Bilderkennung durch KI auch mehr Erfolg?

Die Aufgabe von Bilderkennungssoftware in den oben dargestellten Beispielen ist immer ähnlich und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Künstliche Intelligenz analysiert eine Bildquelle. Sie versucht dabei, die für den potenziellen Kunden relevanten Eigenschaften des Bildmotivs herauszufiltern und auf der Basis ähnliche Bilder zu finden.

Damit sich solch eine Funktion erfolgreich für eine Conversion-Optimierung einsetzen lässt, muss sie gut beworben werden oder zumindest so im Onlineshop oder auf der Website platziert werden, dass man sie gut findet. Derzeit scheint es nicht ratsam zu sein, die visuelle Produktsuche als Ersatz für Menüs mit Kategorieseiten, Filtern und Sortierfunktionen zu etablieren.

Stattdessen kann man sie zusätzlich zum Menü als Alternative anbieten, sodass Kunden verschiedene Wege zum Wunschprodukt wählen können. So kann jeder potenzielle Kunde sich das Sortiment auf die ihm angenehmste Weise erschließen, was die Chance auf eine höhere Conversion-Rate steigert. Letztlich steht und fällt aber alles mit der Qualität der Suchergebnisse. Die entscheidende Frage dafür lautet:

Wie gut entschlüsselt die KI das Bild, wie gut liest sie aus ihm, welche Produkteigenschaften dem potenziellen Kunden wichtig sind, und wie gut ordnet sie ihm ähnliche Produkte zu?

Je nachdem, wie die Antwort ausfällt, kann die Bilderkennung tatsächlich zum Conversion-Booster oder aber zum Risiko werden.

Das Risiko heißt „Frustration“

Die Bilderkennungssoftware sollte dem potenziellen Kunden Bilder von passenden Alternativprodukten zeigen. Sie müssen dem ursprünglichen Produkt in einer Weise ähneln, dass auch sie gute Chancen haben, ihm zu gefallen. Nur dann steigern die Bilderkennung und die daraus resultierenden Empfehlungen die Chance auf höhere Conversion-Raten.

Nutzt der potenzielle Kunde bewusst eine visuelle Produktsuche und passen die ihm präsentierten „ähnlichen Produkte“ aus seiner Sicht nicht zu seinen Vorstellungen, erzeugt das oftmals Frustration. Handelt es sich um einen bisher zufriedenen Bestandskunden, ist dann zwar ein Abbruch der visuellen Suche wahrscheinlich, aber nicht unbedingt ein Abbruch des gesamten Kaufprozesses. Noch unwahrscheinlicher ist, dass sich der Bestandskunde aufgrund der Frustration für immer vom Onlineshop abwendet.

Bei einem potenziellen Neukunden kann die Frustration dagegen im ungünstigsten Fall durchaus dazu führen, dass er einen Kauf beim Anbieter nie wieder in Erwägung zieht. Und solch eine Frustration kann auch aus einem anderen Grund aufkommen: Der potenzielle Kunde lädt ein Produktfoto hoch, um im Onlineshop ähnliche Produkte zu finden. Die KI funktioniert optimal. Das Sortiment gibt jedoch nichts wirklich Ähnliches her.

Auch dann besteht das Risiko, dass Enttäuschungen bei manchen Kunden die Conversion-Rate eher senken als steigern. Wichtig ist bei der visuellen Suche also immer, die Erwartungen nicht so hoch zu schrauben, dass sie sich nicht erfüllen lassen. Dann kann ihr Einsatz ein Gewinn sein.

Die Autoren

Julian Kleinknecht - Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.

Philipp Ronicke - Geschäftsführer & Gründer

Philipp Ronicke
Geschäftsführer & Gründer

Philipp Ronicke ist Experte für Website-Konzeption und Conversion-Driven-SEO. Er beschäftigt sich seit 2004 mit der Entwicklung von Online-Projekten.

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