Manchmal zählt halt doch das Äußere!

Schriftarten und ihre Auswirkung auf die Conversion-Rate

Den Schriftarten und Schriftformatierungen auf einer Website widmen Webmaster oftmals nicht einmal die Hälfte der Aufmerksamkeit, die sie dem Textinhalt gönnen. Nun ist der Textinhalt oftmals tatsächlich deutlich wichtiger als Äußerlichkeiten wie die Schriftart oder sollte es zumindest sein. Unterschätzen darf man die Äußerlichkeiten deswegen nicht. So trägt etwa die Schriftart bisweilen sehr dazu bei, wie ein Text wahrgenommen wird.

Seien wir ehrlich: Manchmal geht es ums Äußere, ums Aussehen. Selbst Menschen, die versuchen, Äußerlichkeiten einen nicht zu hohen Wert beizumessen, können meist nicht behaupten, sich NIE von Äußerlichkeiten leiten zu lassen. Menschen sind so. Manchmal.

Aber bevor wir jetzt zu sehr abschweifen: Wir reden gerade von Text, von Text und Schrift. Wir reden nicht übers Flirten und nicht über die (bisweilen vorschnelle) Be- und/oder Verurteilung von Menschen. Wir reden darüber, dass ein Satz oder ein einzelnes Wort nicht nur durch seine Bedeutung wirkt. Er oder es wirkt auch durch Äußerlichkeiten, durch Dinge wie die Spationierung (den Abstand der Buchstaben zueinander), die Schriftart und die Schriftgröße. Und vielleicht wird dem von manch einem kommerziell agierenden Webmaster zu wenig Rechnung getragen?

Es gibt Webmaster, die nehmen für Text auf ihrer Website einfach eine klassische Schriftart wie Arial in Schwarz, ohne sich Gedanken über mögliche Alternativen zu machen. Was zählt, ist schließlich der Inhalt, oder? Ja, der zählt auch. Aber die Art der Schrift ist das, was noch vor dem Inhalt ins Auge fällt. Und sie hat eine Wirkung, die die Wahrnehmung des Inhalts durchaus beeinflussen kann.

Dass Schriftart, Schriftfarbe, und Schriftgröße sowie die Spationierung Einfluss auf die Wirkung eines Wortes haben können, zeigt sich bei unserem kleinen Versuch mit dem Wort „Fortschritt“. Wir haben für usnere kleine Grafik die geschwungen wirkende Schriftart „Segoe Print“ und die klar wirkende Schriftart „Aharoni“ gewählt. Wir haben das Wort Fortschritt in den Farben Rot, Blau und Grün geschrieben, in größerer und kleinerer Schrift, mit auseinandergezogenen und zusammengepressten Buchstaben.

Finden Sie nicht auch, dass die Wirkung des Wortes jeweils eine etwas andere ist?

  • Das große rote und in „Segoe Print“ geschriebene Wort „Fortschritt“ wirkt auf uns relativ warm, aber auch etwas verspielt.
  • Den großen blauen und in „Aharoni“ geschriebenen Fortschritt empfinden wir dagegen als etwas kühl.
  • Die obersten beiden Fortschritte haben jeweils die Schriftgröße 36pt. Dennoch wirkt die rote Variante in „Segoe Print“ auf uns etwas größer.
  • Wirkt der grüne Fortschritt ganz rechts auf Sie nicht auch irgendwie etwas eng und nicht wirklich positiv?

Wir wissen nicht, ob Sie unsere hier aufgezählten Empfindungen teilen, die wir beim Anblick des Wortes Fortschritt in den verschiedenen Schriftvarianten haben: Vielleicht haben Sie völlig andere? Das ist absolut nicht ausgeschlossen. Aber eine Erfahrung, so glauben wir, teilen die allermeisten Leser dieses Artikels:

Die Wirkung ein- und denselben Wortes verändert sich, abhängig von der Art, Formatierung und Farbe der Schrift. Und an einen in allzu verspielter Schrift geschriebenen Fortschritt glauben die Menschen vielleicht nicht, während ein in allzu kalter Schrift geschriebener ihnen Angst macht? Das muss nicht so sein. Aber es könnte so sein.

Viele Dinge beeinflussen die Wirkung von Schriften

Zählen wir doch einmal verschiedene Möglichkeiten auf, Schriften zu verändern. Die, die einem am schnellsten einfällt, ist sicherlich ein Wechsel der Schriftart. Eine grundsätzliche Unterscheidung ist die zwischen Serifenschriften und serifenlosen Schriften. Serifen sind Endstriche an den Enden von Buchstaben, kleine Häkchen oder Füßchen.

In beiden Schriftarten-Gruppen (Serifen-Schriften und serifenlose Schriften) findet man zahlreiche Schriftarten. Es gibt tausende Varianten. Wie viele davon kennen Sie? Mehr als zehn? Zwanzig? Dreißig? Ärgern Sie sich nicht. Wir kennen auch nicht mehr. Die meisten Menschen kennen nicht mehr. Man muss ja auch nicht alles kennen und können.

Es reicht vielleicht einfach zu wissen, dass die Auswahl an Schriftarten viel größer als die Menge der uns bekannten Schriftarten ist und dass es sich lohnen kann, gemeinsam mit einem Typografie-Experten etwas mehr Zeit und Mühe in die Auswahl der richtigen Schriftart zu investieren. Aber nicht nur die Schriftart zählt. Daneben können weitere Eigenschaften von Schrift die Conversion-Rate beeinflussen. Zu ihnen gehören beispielsweise:

  • der Abstand der Buchstaben zueinander (Spationierung),
  • Schriftgröße,
  • Schriftart (z.B. Schrift mit Serifen // Schrift ohne Serifen),
  • Schriftfarbe und andere Schriftfarbe,
  • Schriftformatierungen (fett/kursiv),
  • Großbuchstaben.

Die kleine Aufzählung zeigt bereits, dass es viele Möglichkeiten gibt, eine Schrift zu verändern. Da ist es umso erstaunlicher, wie wenig Auswahl sich die Betreiber kommerzieller Websites bisweilen gönnen. Es scheint so, als sei die Beschäftigung mit Typografie für viele etwas Überflüssiges. Natürlich kann man sich durchaus auf den Standpunkt stellen, dass die Schriftart und -formatierung gar nicht so wichtig sind, und irgendeine Schrift nehmen. Und tatsächlich ist es gut möglich, dass eine von vielen Website-Besuchern bewusst oder unbewusst als passend empfundene Schriftart (Schriftfarbe, Schriftformatierung) den Erfolg der Website weniger steigert als etwa ein aus Besuchersicht nicht überzeugender Textinhalt. Die Wirkung der Schriftart sollte man dennoch nicht unterschätzen. Es gibt genug Indizien dafür, dass etwa die Schriftart den Erfolg eines Textes beeinflusst.

Die Wirkung der Schriftart

Englischsprachige Blogs und Websites dokumentieren Tests und Studien, die eine Wirkung von Schriftarten auf den Erfolg eines Textes belegen. Ein Beispiel: 2012 gab es eine Studie des Filmemachers und freien Autors Errol Morris. Er schrieb damals eine Kolumne über das Risiko, dass die Erde durch die Kollision mit einem Asteroiden zerstört wird. Teil dieser Kolumne war ein Ausschnitt aus dem Buch „The beginning of Infinity“ des Physikers David Deutsch. In der ausgewählten Textpassage stellt Deutsch die These auf, dass Asteroiden für uns Menschen keine Gefahr darstellen.

Das Besondere bei der Sache: Errol Morris sorgte dafür, dass Leser im Internet genau diesen Textabschnitt von Deutsch zufällig in einer von sechs verschiedenen Schriftarten sahen. Es handelte sich um die Schriftarten Baskerville, Computer Modern, Comic Sans, Georgia, Helvetica und Trebuchet. Zugleich stellte Morris seinen Lesern am Ende der Kolumne zwei Fragen. Die LeserInnen sollten beurteilen, ob sie die Aussage von Deutsch für wahr oder falsch halten. Und sie sollten zusätzlich einschätzen, wie sicher sie in ihrer Schlussfolgerung sind: nur geringfügig, mittel oder sehr sicher.

Bei alledem zeigte sich, dass die Zustimmung zur Aussage von Deutsch besonders hoch war, wenn sie mit der Schriftart Baskerville publiziert wurde, während Comic Sans dem Text eher wenig Glaubwürdigkeit verlieh. Heißt das jetzt, dass man nur noch Baskerville und nie mehr Comic Sans nutzen sollte? Nein. Natürlich nicht. Es heißt erst einmal nur, dass Schriftarten Einfluss darauf nehmen, wie ein Inhalt wahrgenommen wird. Mehr nicht.

Schriftarten können auf einen Menschen kalt, warm, sympathisch, klassisch, seriös, verspielt, nüchtern, freundlich… wirken und abhängig vom Inhalt kann die eine oder andere Wirkung vorteilhaft oder negativ sein. Allerdings sollte man nicht raten, welche Schriftart welche Wirkung zeigt, und man sollte auch nicht alleine dem Experten vertrauen. Man sollte testen, wie Website-Besucher auf Schriften reagieren!

Welche Farbe soll es denn sein?

Meistens sieht man auf Websites vor allem oder ausschließlich eine Schriftfarbe: Schwarz. Und oftmals ist zumindest für den normalen Fließtext tatsächlich Schwarz die beste Farbwahl, sofern man sich (wie viele Menschen) für eine Website mit weißem Hintergrund entscheidet. Schließlich geht es nicht zuletzt um die Lesbarkeit des Textes und darum, dass er farblich nicht unangenehm wirkt, je nach Länge des Textes auch nach zwei, drei Minuten nicht. Schwarz auf Weiß ist da häufig sehr gut geeignet.

Allerdings kann man a) in jedem Fall einmal überlegen, ob man nicht beispielsweise einzelne, besonders wichtige Wörter, Überschriften und/oder Zwischenüberschriften in einer anderen Farbe formatiert. Und ja, bisweilen macht es eventuell auch Sinn, b) den gesamten Fließtext farblich umzugestalten. Wichtig ist dabei, die Schriftfarbe immer in Verbindung mit den sie umgebenden Farben sowie (vor allem) mit der Hintergrundfarbe zu sehen. Das zeigt sich schnell, wenn man etwa das in Rot geschriebene Wort „Technik“ vor verschiedenen Hintergründen präsentiert. Das Wort wirkt vor einem schwarzen Hintergrund völlig anders als vor einem grünen oder blauen, finden Sie nicht?

Schriften müssen zueinander passen

Für Schriften gilt letztlich dasselbe wie für Farben: Man sollte nicht zu viele verschiedene Varianten auf eine Website packen. Das wirkt ansonsten ganz schnell wie Wirrwarr. Und Wirrwarr ist nicht gut fürs Marketing. Zudem sollte man nur Schriften auf einer Seite zusammenbringen, die auch zusammenpassen. Ansonsten wirkt die Sache schnell unharmonisch und fehlende Harmonie ist auch nicht gut fürs Marketing.

Zu klären, was zusammenpasst oder nicht, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Über dieses Thema kann man Bücher verfassen. Manch ein in Typografie bewanderter Grafiker wird einem das Wissen für viele Bücher auch gerne mündlich überliefern (solange man durchhält!). Vielleicht sollte man lieber um die Kurzform des Vortrags bitten? Aber der sollte man dann auch interessiert lauschen. Klar, es geht hier „nur“ um Äußerlichkeiten, aber um bisweilen entscheidende.

Der Autor

Julian Kleinknecht - Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.

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