A/B Testing

Bessere A/B Tests: Manchmal tut mehr Mut gut!

Conversion-Optimierer sind in der Regel keine Freunde eines Website-Relaunches. Wer ein bestehendes Webdesign komplett verändert, wirft damit schließlich auch alle Verbesserungen weg, die sich durch bisherige A/B Tests ergeben haben. Steht man noch relativ am Anfang der Conversion-Optimierung bei einem Onlineshop, sind radikale Veränderungen aber mitunter genau richtig. Einige Idee dafür liefert dieser Magazinbeitrag. Er ruft zugleich zu mehr Mut beim Testen (A/B und multivariate Tests) auf.

Man betreibt einen Onlineshop und die Conversion-Rate ist lausig. Was tun? Conversion-Optimierung. Klar. Bisher wurde nicht optimiert. Aber ab jetzt soll optimiert werden. Also verändert man hier und da kleinere Dinge und schaut, ob sich die Conversion-Rate langsam, aber stetig verbessert. Bei bereits seit einer Weile optimierten Websites und Onlineshops kann das eine gute Strategie sein. Aber manchmal muss man doch etwas radikaler vorgehen.

Deutliche Veränderungen bringen deutliche Reaktionen

„Deutliche Veränderungen erzeugen deutliche Reaktionen“ heißt es im ConversionBoosting Webinar „Conversion-Heuristiken für erfolgreiche Online-Shops“. Überträgt man das auf die Welt der Lebensmittel, auf Drinks und andere Objekte, dann bedeutet das: Der Test „Apfel gegen Birne“ ist zwar nicht sinnlos, führt aber meistens nicht zu ganz klaren Ergebnissen.

Testet man dagegen beispielsweise Tequila Sunrise gegen ein Glas Wasser, sieht die Sache schon anders aus. Und man könnte den Apfel auch gegen den Feuerlöscher testen. Dann sind die Unterschiede sehr deutlich und die Chance auf ebenso deutliche Ergebnisse ist groß. Insbesondere am Anfang einer Optimierung kann ein bisschen mehr Mut beim Testen deshalb nicht schaden.

Mut bedeutet in diesem Fall, sich mit Testversionen vom Status-Quo der bestehenden Website deutlich abzuheben. Und es kann bedeuten, sich beispielsweise bei einem Onlineshop für Testvarianten zu entscheiden, die sich von der Mehrheit existierender Onlineshops unterscheiden. Das birgt große Chancen. Aber auch Risiken.

Gewöhnlich ist langweilig? Oder benutzerfreundlich?

Bleiben wir ein bisschen bei Onlineshops. Ein Onlineshop, der wie alle anderen Onlineshops aussieht, hebt sich zumindest im Design nicht von der Konkurrenz ab. Ein potenzieller Neukunde bekommt also in den ersten Sekunden seines Besuchs kein Argument dafür geliefert, warum genau dieser Onlineshop im Vergleich zur Konkurrenz besser oder wenigstens anders als andere Shops mit ähnlichem Sortiment ist. Er bleibt blass.

Also schaut man sich die Konkurrenz an, um dann alles ganz anders zu machen? Vielleicht setzt man dann die Shop-Navigation ganz nach unten ans Seitenende. Eine gute Idee? Wohl eher nicht. Gewohnheiten zu bedienen, ist wichtig für kommerziellen Erfolg. Potenzielle Kunden möchten das Menü in einem Onlineshop nicht suchen, sondern dort finden, wo sie es erwarten: oben oder links.

Möchte man also in A/B Tests größere Veränderungen wagen und sich dabei von einer Mehrheit von Konkurrenzshops abheben, begibt man sich auf einen schmalen Grat zwischen gewöhnlich (schlecht) und gewohnt (gut). Der Weg ist schwierig, aber wer ihn meistert, hat Aussicht auf einen großen Erfolg.

Manchmal etwas wagen. Inspiration bitte!

Ideal wäre es, das Gewöhnliche im Design gegen etwas eher Ungewöhnliches zu tauschen, ohne dass der Besucher Gewohntes vermisst. Er ist überrascht vom Außergewöhnlichen, findet aber etwa das Shopmenü da, wo er es erwartet. Das ist einfach gesagt. Aber wie geht man so etwas an? Zumindest gibt es Ansätze, die man hier einmal verfolgen könnte.

Ich bin mein Shop

Gerade bei Nischenshops kann es eine gute Idee sein, sich selbst als Shopbetreiber verstärkt in den Vordergrund zu rücken, um eine Verbundenheit mit dem Kunden und dem Sortiment auszudrücken. Wer beispielsweise einen Onlineshop für Freunde fantastischer Filme und Literatur betreibt, kann dem eigenen Shop ein positives Image geben, wenn er sich selbst als Fan outet.

So etwas kann vor allem bei Sortimenten eine gute Idee sein, die Leidenschaften oder aber wichtige Überzeugungen ihrer Zielgruppe ansprechen. Fantasy ist eins der Beispiele. Skateboarder-Produkte, Produkte für Rapper und Rapfans oder für italienische Lebensart (Delikatessen und andere Produkte) … sind weitere. Und Fair-Trade-Onlineshops können ebenfalls davon profitieren, dass man sofort zeigt: „Ich betreibe diesen Onlineshop nicht nur, weil ich irgendetwas verkaufen möchte. Es geht mir um mehr.“

Mehr Vintage, mehr Pop? Die passende Farbgestaltung

Auch bei der Farbgestaltung kann mehr Mut die richtige Entscheidung sein. Warum soll man beispielsweise einen Vintage-Onlineshop nicht farblich nach Vintage aussehen lassen, sondern stattdessen eine unauffälligere Farbgebung wählen?

Vielleicht passt aber auch eine besonders bunte Farbgestaltung zum Shopkonzept.

Oder man entscheidet sich für ein minimalistisches Farbdesign?

Hier gilt ebenfalls: Für einen erfolgreichen A/B Tests kann die radikale Abkehr von klassischem Design in der Testvariante die richtige Entscheidung sein.

Shoppable Content

Der Begriff „Shoppable Content“ gehört zwar möglicherweise zu den aktuellen Buzzwords im Onlinemarketing. Eine kluge Umsetzung sieht man aber noch nicht so häufig. Gemeint ist eine Kombination aus Content-Marketing und Verkauf, in der beide Elemente eng miteinander verzahnt sind. Schöne Beispiele dafür liefert Net-a-Porter.de.

Letztlich geht es hierbei um den Mut, Content nicht mehr nur als Beiwerk zu sehen. Stattdessen platziert man ihn als gleichberechtigtes und ergänzendes Element neben den Produkten, um die Produkte durch Content besser in Szene zu setzen. Ein Erfolgsgarant ist das natürlich nicht. Aber eine Chance.

Riesenbilder bitte

Große Bilder auf der Startseite eines Onlineshops zu präsentieren, ist kein Wagnis, sondern Standard für ganz viele Onlineshops. Man kann das Prinzip aber auf die Spitze treiben. Dann sieht die Startseite durch ein riesiges und dominantes Bild fast wie eine Landingpage aus, bei der die Entscheidung für ganz wenige Seitenelemente die Aufmerksamkeit für das Verbleibende erhöhen soll.

Wenn durch diese Entscheidung mehr Menschen als zuvor in den ersten Sekunden des Besuchs auf der Seite bleiben, ist auch die Chance auf steigende Conversion-Raten gegeben. Wer also in seiner Originalversion des Onlineshops viele verschiedene Bilder von Produkten auf die Startseite gesetzt hat, könnte als deutliche Alternative ein Design testen, das die Menge gezeigter Bilder auf EINS reduziert.

Am Anfang steht der Split Screen

Split-Screens als Startseite eines Onlineshops teilen die Masse der Besucher auf und führen Segmente in jeweils eigene Shopbereiche. Das kann sinnvoll sein, um sich in den jeweiligen Bereichen ganz besonders auf die jeweilige Zielgruppe einzustellen. Deshalb trennen manche Modeonlineshops den Traffic beispielsweise von Anfang an in Männer und Frauen, die dann in jeweils eigene Abteilungen geführt werden.

Vielleicht entscheidet man sich aber auch für eine Dreiteilung und bietet beim Schmuck-Onlineshop von Anfang an die Möglichkeit, eine Sparfuchs- und eine Luxusabteilung sowie die Variante für Kunden zu besuchen, die weder Luxus noch Schnäppchen bevorzugen. Beim Onlineshop ist das „Einer für alle“ Prinzip nicht immer das richtige.

Der Blick auf Segmente ist wichtig.

Wer Tests mit Testvarianten durchführt, die sich nicht nur vom Original, sondern auch von vielen anderen Onlineshops deutlich unterscheiden, sollte bei der Ergebnisanalyse immer einen Blick auf Segmente werfen.

Vielleicht fällt die ungewöhnliche Testvariante ja bei den meisten Shopbesuchern durch, kann aber in einem bestimmten Segment (z.B. bei besonders jungen Besuchern) begeistern und die Conversion-Rate steigern. Dann wäre zu überlegen, ob und wie man das jeweilige Kundensegment künftig besser anspricht, ohne andere Segmente dabei abzuschrecken.

Die Autoren

Julian Kleinknecht - Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.

Ansgar Sadeghi

Angar Sadeghi arbeitet bereits seit vielen Jahre als selbstständiger Online-Journalist und Texter. Ein Schwerpunkt seiner journalistischen Arbeit sind die Bereiche Online-Marketing und E-Commerce

ConversionBoosting als Magazin - gedruckt oder digital
  • 68 Seiten Conversion-Wissen gedruckt oder digital
  • Kostenlos per Post oder als Download

ConversionBoosting