Wer Zeit oder Arbeit in ein Produkt investiert, liebt es auch

Der IKEA-Effekt: Lassen Sie Ihre Kunden etwas arbeiten!

Wenn der Kunde Zeit oder Arbeit in ein Produkt investiert, liebt er es auch. Das ist (einfach ausgedrückt) der IKEA-Effekt. Wer ihn kennt, kann neue Strategien zur Individualisierung von Produkten entwickeln. Er erkennt, dass man Kunden bisweilen etwas schenkt, wenn man ihnen ein wenig Arbeit aufbürdet: die Lust am Gestalten.

Man muss es dem Kunden einfach machen. Er möchte möglichst bequem Produkte ansehen, auswählen und kaufen. Das stimmt. Aber nicht immer.

Als Anbieter kann man durchaus Erfolg haben, wenn man vom Kunden etwas mehr Zeit fordert. Denn dadurch empfindet der Kunde mehr für das Produkt. Dieser Effekt trägt den Namen eines bekannten schwedischen Möbelhauses. Sie ahnen es schon: Der Effekt nennt sich auch IKEA-Effekt.

Johannes Meixner und Jörg Dennis Krüger haben diesen Effekt im ConversionBoosting Praxisguide „Emotionale Optimierung“ detailliert beschrieben und gezeigt, wie er sich für die Optimierung von Websites und Onlineshops nutzen lässt. Einige Anregungen liefern wir hier.

Reden wir über den IKEA-Effekt

IKEA verkauft Möbel, allerdings meist keine fertigen. Wer schon einmal fluchend ein IKEA-Regal zusammengebaut hat, wird sich vielleicht kaum vorstellen können, dass der Effekt etwas Positives beschreibt.

„Je mehr körperliche oder auch geistige Arbeit ein Mensch in eine bestimmte Sache investiert, desto mehr wird er beginnen, diese Sache auch zu mögen.“

Produkte in Einzelteilen zu liefern, hat für den Händler einen Vorteil: Er selbst kann sich das Zusammenbauen sparen. Das senkt seine Kosten. Die Ersparnis kann er a) auf dem Konto lagern oder b) nutzen, um Produkte günstiger anzubieten.

Möbel selbst zusammenzubauen ist nicht zwangsläufig ein Minuspunkt, den der Kunde um des Preises willen in Kauf nimmt. Er findet sein selbst zusammengebautes Regal toll, viel toller als ein fertig gekauftes. DAS ist der IKEA-Effekt. Entdeckt wurde er von Michael Norton und Kollegen im Jahr 2012.

Was nach dem Kauf funktioniert, funktioniert auch davor!

Bei der Studie von Michael Norton und seinem Team geht es um Arbeit, die nach einem Kauf ins Produkt investiert wurde. Aber der Effekt lässt sich auch vor dem Kauf beobachten. Schließlich bedeutet beispielsweise auch jede Personalisierung und Individualisierung eines Produkts für Kunden einen Mehraufwand – die das Produkt für ihn aber wertvoller macht.

Schatztruhen und Süßigkeiten-Buffets

Eine einfache Variante einer Produkt-Individualisierung kennen wir aus der Kindheit: die süße Tüte vom Kiosk. Eine Tüte, die man mit verschiedenem Süßkram aus großen Behältern füllen kann. Die Tüte ist so etwas wie eine Schatztruhe. Das Aussuchen dauert eine Weile, aber es macht den Inhalt zu etwas Besonderem.

Die süße Tüte muss nicht süß sein!

Kehren wir von den Kiosken und Buffets dieser Welt zurück zum Onlinemarketing. Wie könnte man die Sache mit der süßen Tüten-Schatztruhe hier umsetzen? Nun, es funktioniert eins zu eins: Die süße Tüte gibt es nämlich auch im Internet und sie weckt Kindheitserinnerungen.

Man kann die Idee aber auch nutzen, um zum Beispiel Duft-Teelichter oder Duftkugeln anzubieten. Möglicherweise funktioniert es sogar mit Schrauben und Schreibutensilien. Prinzipiell möglich ist ie Umsetzung für alle Kleinteile im Sortiment. Man sollte überlegen, ob man Kunden bei solchen Produkten nicht eine Schatztruhe anbietet.

Ich mache mir mein Produkt selbst

Statt Produktpaketen sind auch individuelle Produkte möglich. Das E-Commerce ist voll von Ideen dafür, wobei Konzepte wie das von mymuesli noch sehr der süßen Tüte ähneln. Mit gewissen Vorgaben kann der Kunde das Produkt selbst gestalten, in diesem Fall ein Müsli.

Bei mymuesli treffen wir auf zwei Motive, die den Kunden leiten können: die Aussicht auf ein Produkt, das individuell auf ihn zugeschnitten ist, sowie die Lust am kreativen Handeln, durch die das Produkt erst entsteht.

Ein anderes Beispiel für die Strategie liefert 21diamonds. Der Online-Schmuckhandel gibt dem Kunden zwei Möglichkeiten. Er kann sich Schmuck, zum Beispiel Ringe, im Onlineshop ansehen und sofort kaufen, wenn sie ihm gefallen.

Aber er kann die Schmuckstücke auch verändern: Dabei wählt er zum Beispiel ein anderes Edelmetall und/oder einen anderen Edelstein. So sind beide Arten von Kunden zufrieden: die Eiligen, die kommen, gucken, kaufen wollen – und diejenigen, die Lust an der eigenen kreativen Leistung haben.

Freie Wahl: mehr zahlen oder mehr arbeiten!

Kommen wir zu Möbeln. Der IKEA-Effekt kommt natürlich nicht allein IKEA zugute. Man könnte ihn auch als Schreiner nutzen, der individuelle Möbel für Kunden fertigt. Wie? Indem man eine mögliche Eigenleistung von Kunden in seine Angebote einbaut.

Vielleicht bietet man ein individuelles Regal nach Kundenvorstellung ja einerseits als Komplettangebot an und liefert dem Kunden das fertige Regal. Alternativ fertigt man die Einzelteile, passt eine Bauanleitung an die Kundenbedürfnisse an und liefert dem Kunden Anleitung und Einzelteile.

Eine Branche, in der solche Angebote häufig vorkommen, ist die Fertigbaubranche. Kunden können ein schlüsselfertiges Haus kaufen oder selbst Arbeit investieren. Viele Bauherren wählen die Eigenleistung natürlich aus Kostengründen. Aber wer viel am Haus selbst gemacht hat, der ist hinterher auch stolz. Und wieder lässt IKEA grüßen.

Der Autor

Julian Kleinknecht - Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.

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