KI und Produktauswahl
Künstliche Intelligenz kann die Personalisierung von Produktvorschlägen im E-Commerce deutlich verbessern: für steigende Conversion-Raten und Umsätze. Der folgende Artikel zeigt Möglichkeiten dazu auf und präsentiert einige Praxisbeispiele.
Ein potenzieller Kunde betritt einen Onlineshop, sieht sofort ein Produkt, das ihm sehr gut gefällt, und kauft. Ein Glücksfall. Oder eine gelungene Personalisierung des Angebots auf Basis von Daten. Personalisierung von Onlineshops gehört zu den großen Themen im Onlinemarketing und Big Data ist eins der Instrumente, die eine gute Personalisierung ermöglichen. Aber es gibt noch eins: Künstliche Intelligenz.Künstliche Intelligenz kann die Zuordnung von Angeboten zu Personen mit einem bestimmten Datenprofil optimieren und in Echtzeit Teaser-Angebote auf Basis von Kundenverhalten zeigen und verändern, um die Conversion-Rate zu steigern. Und Künstliche Intelligenz kann noch weitere Dinge. Dazu aber später mehr. Zunächst ein paar Zahlen.
In der Top-3 der priorisierten Aufgaben von Einzelhändlern weltweit landete das Thema „Targeting und Personalisierung“ in der Studie „Digitale Trends 2017 im Einzelhandel“ auf Rang 1 vor den Themenbereichen Social-Media-Interaktion und Optimierung der Conversion-Rate. Die Studie wurde vom Marktforschungsinstitut Econsultancy im Auftrag von Adobe durchgeführt. Noch ein Ergebnis: 57% der befragten Händler planen eine Budgetsteigerung für Personalisierungen.
Wer Angebote auf kluge Weise personalisieren möchte, muss unter anderem Antworten auf zwei wichtige Fragen finden:
Die Suche nach Antworten für die erste Frage hängt sehr eng mit dem Thema Big Data zusammen. Für eine gute Personalisierung von Angeboten lassen sich zahlreiche Daten nutzen, sofern man sie zur Verfügung hat: demografische Daten, die Customer Journey, aktuelles Verhalten des Kunden im Onlineshop, eventuell externe Daten wie Wetter, Jahreszeit, Großereignisse …
Bei der Suche nach Antworten für die zweite Frage, also die der optimalen Zuordnung personalisierter Angebote zu individuellen Kunden, ist einerseits ein Monitoring wichtig. Man muss prüfen, wie erfolgreich die jeweiligen Zuordnungen sind und ob man noch erfolgreichere findet. Andererseits muss man auch bei vergleichsweise schlechter Datenlage Wege finden, möglichst gut zu personalisieren.
Im ungünstigeren Fall lautete die Suchanfrage nur „Abendkleid“, „Sportschuhe“ oder „Flachbildfernseher“ und die Bandbreite möglicherweise passender Produkte bleibt riesig. Aus Sicht des nach Personalisierung strebenden Marketers noch ungünstiger: Der potenzielle Neukunde hat gar nichts gesucht, sondern den Onlineshop direkt angesteuert, um sich einfach einmal umzuschauen. Was tun?
Insbesondere bei der Frage „Ordne ich die richtigen Angebote den richtigen Leuten zu?“ kann Künstliche Intelligenz (KI) hilfreich sein. Vor dem Blick darauf, wie das funktionieren kann, kurz nochmals die Definition künstlicher Intelligenz, die wir bereits in unserem Artikel „Conversion-Optimierung: Die Macht künstlicher Intelligenz!“ genutzt haben. Sie stammt aus einem PDF der Universität Paderborn.
Künstliche Intelligenz fasst „bisher dem Menschen vorbehaltene Fähigkeiten als informationsverarbeitende Prozesse auf. Sie versucht, diese Prozesse mit Computern zu simulieren und sie einer systematischen ingenieurmäßigen Betrachtungsweise zugänglich zu machen.“
Eine wichtige Eigenschaft, die KI auszeichnet: Es handelt sich um lernende Systeme. Ihre „Fähigkeiten“ werden nicht alleine durch neu einprogrammierte Regeln erweitert, sondern durch das lernende System selbst.
Geht man von dieser Definition als lernendes System aus, kann KI beispielsweise lernen, welche Zuordnung von Angeboten zu einem bestimmten Kundenprofil erfolgreich ist und welche nicht. Es kann dafür diverse Produktvorschläge testen, Klick- und Conversionraten messen und auf dieser Basis die erfolgreichsten Varianten festlegen.
Solche Tools sind keine Science-Fiction, sondern bereits Realität. Anbieter wie emarsys, ReSci, Sentient oder SiTest entwickeln Systeme für ein mehr oder weniger selbstständiges A/B Testing und/oder sich selbst optimierende Produktempfehlungen. Und auch die KI-Plattform Watson von IBM kann die Effizienz von A/B Tests durch eine partielle Automatisierung steigern. Das lässt sich natürlich auch bei der Suche nach optimalen Produktpräsentationen nutzen.
Je weniger Daten über einen potenziellen Kunden zur Verfügung stehen, desto eher rückt eine zweite mögliche Aufgabe Künstlicher Intelligenz in den Vordergrund: in Echtzeit Kundenverhalten auswerten und auf der Basis der Echtzeitauswertung Produktvorschläge präsentieren und testen, was wie gut funktioniert.
Bleiben wir als Beispiel bei dem potenziellen Kunden, der nach Abendkleid gesucht hat und auf die passende Kategorieseite eines Onlineshops geleitet wird. Im ersten Schritt bleibt reichlich Ungewissheit. Soll es ein Abendkleid mit klassisch elegantem Look sein, soll es vielleicht etwas ungewöhnlich aussehen, soll es eine erotische Komponente besitzen, einfarbig sein oder eine Farbkombination beinhalten?
Man wird also eine gewisse Auswahl unterschiedlicher Abendkleider präsentieren müssen, um eine größtmögliche Chance zu erhalten, den potenziellen Kunden für mindestens eins der Produkte zu interessieren. Falls er im Onlineshop verbleibt, wird er sich vermutlich eins der Abendkleider näher anschauen. Das produziert erneut Daten, die KI nutzen kann.
Das Abendkleid ist vielleicht ein klassisch schwarzes, das er aber nicht sofort kauft. Dann werden ihm ähnliche Abendkleider gezeigt, von denen er sich eventuell ein zweites anschaut. Auch das produziert wiederum Daten, die sich wiederum in Echtzeit erfassen und nutzen lassen. Als Künstliche Intelligenz lernt dieses System der Produktpräsentation, was funktioniert und was nicht und optimiert sich teils oder komplett selbst.
Es wird Zeit für einen kleinen Blick auf den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Praxis der Personalisierung und Produktpräsentation. Dabei stößt man im englischsprachigen Web auf einige interessante Beispiele und Fallstudien kreativer Ideen, die Künstliche Intelligenz einsetzen, um Produkte personalisiert zu präsentieren: wie oben beschrieben oder nochmals anders.
Viele Anbieter präsentieren mittlerweile Visual Search Lösungen für den E-Commerce, bei denen potenzielle Kunden beispielsweise Mode abfotografieren. Das Foto wird dann durch Künstliche Intelligenz analysiert, um dem „Fotografen“ ähnliche Produkte im Onlineshop vorzustellen. Einer der Anbieter, die solche Lösungen entwickeln, ist das Unternehmen Slyce.
In seine Website Slyce.it hat es unter anderem Fallstudien von Tommy Hilfiger und Urban Outfitters integriert. Für Hilfiger hat das Unternehmen eine Technologie entwickelt, mit der Zuschauer auf der Venice Beach Modenschau 2017 Mode an Models abfotografieren konnten, um sie dann online präsentiert zu bekommen und kaufen zu können.