Kundenbewertungen
Otto.de setzt auf Künstliche Intelligenz (KI) bei Kundenbewertungen, um ihre Attraktivität als Instrument zur Produktauswahl weiter zu steigern. Mit den Reviews erobert KI ein besonders wichtiges Element zur Unterstützung von Kundenentscheidungen. Der folgende Artikel zeigt einige Möglichkeiten auf, mit KI Benutzerfreundlichkeit zu steigern, Fakes zu erkennen, das Sortiment zu optimieren und/oder Kundenbewertungen erfolgreich werbend einzusetzen.
Bei der Studie zeigten sich sehr unterschiedliche Ergebnisse bei unterschiedlichen Produktgruppen. So lesen 51% der Befragten aus Deutschland Kundenbewertungen vor dem Kauf von elektronischen Geräten und 53% kaufen elektronische Geräte lieber bei Anbietern mit Produktbewertungen. Beim Kauf von Lebensmitteln lesen dagegen nur 36% Kundenbewertungen vor dem Kauf und 34% kaufen lieber bei Anbietern mit Kundenbewertungen. Immerhin sind es aber auch hier über ein Drittel der Kunden.
Künstliche Intelligenz kann lernen, Kundenbewertungen zu erfassen und zu kategorisieren. Damit man bei solchen Systemen von künstlicher Intelligenz sprechen kann, muss es sich um lernende Systeme handeln, die sich selbst weiterentwickeln. Sie „lernen“ also, immer besser einzuordnen und zu kategorisieren. Eine derartige künstliche Intelligenz gehört in den Bereich des maschinellen Lernens und damit zu einer Unterkategorie der künstlichen Intelligenz.
Bereiche dieser Unterkategorie (maschinelles Lernen) sind das Natural Language Processing (NLP), das etwa bei moderner Übersetzungssoftware eingesetzt wird, und das Deep Learning. Letzteres basiert auf künstlichen neuronalen Netzwerken und simuliert damit die Arbeit des menschlichen Gehirns. Das Technikportal t3n beschreibt die Arbeitsweise wie die eines mehrschichtigen Filtersystems, der erst Grob- und dann Feininformationen filtert und so schließlich zu einem (Lern-)ergebnis kommt.
In Bezug auf Kundenbewertungen sind mehrere Funktionen Künstlicher Intelligenz möglich. Durch sie können potenzielle KäuferInnen in einem Onlineshop bei Produkten mit vielen Bewertungen genau diejenigen finden, die das thematisieren, wofür sie sich interessieren.
Darüber hinaus wird KI bei Versuchen eingesetzt, Fake-Reviews zu erkennen, also falsche Kundenbewertungen, die ein Produkt künstlich auf- oder abwerten.
Amazons Algorithmus setzt Reviews in der Liste nach oben, wenn sie als echter Ausdruck von Kundenerfahrungen eingestuft werden. Ein Schwerpunkt wird dabei auf neuere Reviews gelegt und auf solche, die von anderen Kunden als hilfreich eingeschätzt wurden. Das schreibt die Digital-Reporterin Alyssa Newcomb in einem englischsprachigen Artikel vom Juni 2015 auf abcnews.go.com. Amazon nutzt den Algorithmus also dafür, potenzielle Fake-Reviews zumindest schlechter sichtbar zu machen. Das dient einerseits dem Kunden, andererseits aber auch Amazon selbst, da der Onlineshop so den Ruf stärkt, um die Echtheit von Kundenbewertungen bemüht zu sein.
Die Einstufung von Kundenbewertungen durch Künstliche Intelligenz kann nicht zuletzt dazu beitragen, dass Onlineshop-Besitzer ihr Sortiment bereinigen. Häufen sich schlechte Kundenbewertungen für ein Produkt und das ohne ein Anzeichen, dass es sich um Fake-Reviews handelt, können Onlineshop-Betreiber irgendwann überlegen, das schlecht bewertete Produkt aus dem Sortiment zu nehmen. Handelt es sich beim Onlineshop-Betreiber zugleich um den Hersteller, kann er gezielt Veränderungen initiieren, um das Produkt zu verbessern.
Ein großer Player im deutschen E-Commerce, der jetzt auf Künstliche Intelligenz bei Kundenbewertungen setzt, ist Otto.de. „Der bislang einzigartige und von OTTO selbstentwickelte Algorithmus für Produktbewertungen filtert die am häufigsten genannten Aspekte der Kundenrezensionen heraus“, schreibt das Unternehmen selbst in seiner Pressemitteilung vom 03. Mai 2017 zum Thema.
Ein zu Bewertungen des Gerätedesigns führendes Schlagwort wie „sieht“ zeigt zwar, dass bei der Benennung der Schlagwörter bisweilen noch Optimierungsbedarf herrscht. Grundsätzlich funktioniert der Algorithmus jedoch und zumindest beim Beispiel „Fernsehgerät“ fällt einem spontan eher kein wichtiges Thema ein, das vom Algorithmus nicht erfasst wurde. Bildqualität, Klang, Preis, Lieferung: Zu allem kann man sich passende Kundenbewertungen anzeigen lassen.
Otto.de ist einer der Riesen im deutschen E-Commerce und hat teils Produkte im Sortiment, für die über 1.000 Kundenbewertungen vorliegen. Hier lohnt sich ein Algorithmus, der Bewertungen für den potenziellen Kunden kategorisiert. Onlineshops mit nur wenigen Kundenbewertungen müssen indes erst einmal Strategien entwickeln, um die Anzahl echter Kundenbewertungen zu steigern.
Auch hierfür lohnt ein Blick auf Otto.de. Der Versandriese bietet seinen Kunden für jede Bewertung eine Gutschrift von einem Euro auf das Kundenkonto. Maximal möglich ist für einen Kunden auf diese Weise eine Gutschrift von 10 Euro im Jahr. Das ist gut genug, um ein Anreiz für Bewertungen zu sein, ohne dass es irgendwen lockt, dem es vor allem um die Belohnung geht.
Für kleinere Onlineshops und Dienstleister könnte Künstliche Intelligenz bei wenigen Kundenbewertungen aber auch interessant sein, um die auf der Startseite präsentierten Bewertungen an Nutzereigenschaften anzupassen und dabei aus Erfolgen oder Misserfolgen zu lernen. Ein Beispiel:
Viele Produkte können aus verschiedenen Gründen für unterschiedliche Nutzer interessant sein. So existiert eine Buchhaltungssoftware vielleicht in diversen Paketen von der Variante „günstig mit Basisfunktionen“ bis zum „Komfortpaket mit einer Fülle an Funktionen“. Und während der eine potenzielle Kunde eine Buchhaltungssoftware für wenig Geld sucht, legt der andere vor allem Wert auf Benutzerfreundlichkeit, während einem weiteren Nutzer zuerst eine große Funktionspalette wichtig ist.
Existieren passende als Werbung einsetzbare Kundenbewertungen der Software (z.B. „günstig und gut“ oder „extrem benutzerfreundlich“), kann die KI lernen, welchem Besucher der Seite welche Kundenbewertung präsentiert wird, um größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Hier können beispielsweise demografische Daten in den Entscheidungsprozess einfließen oder Daten zum Weg des Besuchers auf die Seite (z.B. von Google, Bannerwerbung auf Website …) und in einigen Fällen mag auch die geografische Herkunft eine Rolle spielen.
Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer
Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.
Ansgar Sadeghi
Angar Sadeghi arbeitet bereits seit vielen Jahre als selbstständiger Online-Journalist und Texter. Ein Schwerpunkt seiner journalistischen Arbeit sind die Bereiche Online-Marketing und E-Commerce