"Dieses Angebot überzeugt Tausende..."

Social Proof: die Macht der Masse

Oft folgen Menschen einfach anderen Menschen. Was 1000+ andere für gut halten, kann schließlich nicht ganz schlecht sein. Unternehmen im Internet weisen deshalb gern darauf hin, wenn ihr Angebot tausende zufriedene Kunden hat oder sich einzelne Kunden lobend äußern. Solche sog. Social-Proof-Elemente können potenzielle Kunden beeindrucken und die Conversion-Rate steigern. Wir stellen Ideen für Social Proofs vor, die dieses Potenzial besitzen – verschweigen aber auch nicht die Risiken, die mit Social Proof verbunden sind.

Selbst der größte Individualist ertappt sich bisweilen dabei, etwas vor allem deshalb zu tun, weil

  • viele es tun
  • sein bester Freund es tut
  • die von ihm bewunderte Sängerin X es tut.

Wir Menschen orientieren uns oft an anderen Menschen, sonst würden wir als Gemeinschaft wahrscheinlich nie funktionieren.

Social-Proof-Elemente sind z.B. Kundenbewertungen, Kundenstatements und Angaben darüber, wie viele Kunden bereits gewonnen wurden. Sie alle setzen auf ein ähnliches Prinzip: Sie suggerieren dem Besucher „Das Angebot muss gut sein, weil andere Leute es für gut halten.“

Gleich kommen wir dazu, wie man solche Elemente im Webdesign und Onlinemarketing einsetzen und welche Varianten man einmal testen kann. Zunächst aber müssen wir zwischen zwei Polen unterscheiden:

Masse oder Klasse?

Bei Social-Proof-Strategien kann man grundsätzlich zwei Wege beschreiten: Entweder argumentiert man mit Masse oder mit Klasse.

„Über 320.000 Kunden vertrauen unserer Software“ ist ein klassisches Beispiel für die Argumentation mit Masse. Ein Prominenter, dem die Äußerung „Das gefällt mir!“ in den Mund gelegt wird, ist ein Beispiel für eine Argumentation mit Klasse.

In diesem Fall wird eine einzelne, bekannte Persönlichkeit zum Markenbotschafter, dem (wenn alles läuft, wie es laufen soll) viele potenzielle Kunden folgen. Zwischen beiden Polen gibt es natürlich jede Menge Abstufungen:

Wird etwa eine Zahncreme mit den Worten „88% der Zahnärzte vertrauen unserem Produkt“ beworben, wird einerseits auf Masse gesetzt (88%), andererseits auf Klasse, weil Zahnärzten beim Thema Zahngesundheit eine hohe Kompetenz zugesprochen wird.

Die Nähe zur eigenen Person

Eine wichtige Voraussetzung für die Überzeugungskraft einer Einzelmeinung ist oft die vom Seitenbesucher empfundene Nähe desjenigen, der die Meinung vertritt, zur eigenen Person.

Beispiel: Würde ein älterer und eher konservativ wirkender Mann ein Jugendprodukt empfehlen, würden viele Jugendliche dessen Statement vermutlich ablehnen. Diese Ablehnung könnte sich schnell aufs Produkt übertragen.

Das zeigt: Welche und wessen Statements man publiziert, sollte sorgsam überlegt werden. Passt die Auswahl nicht zur Zielgruppe, hat man eventuell mehr verloren als gewonnen.

Fünf Ideen für Social Proof auf Websites

Greifen wir uns einmal fünf Ideen für Social Proofs auf der Website heraus und schauen, wie man sie testen könnte und wo eventuell Risiken liegen.

1. Hinweis auf hohe Kundenzahlen

„376.000 Kunden vertrauen uns.“ Das ist die bereits erwähnte Form eines Hinweises auf hohe Kundenzahlen. Aber es gibt weitere. Das zeigt etwa die Website des Anbieters von Antiviren- und Datenschutz-Technologie Kaspersky Lab:

Hier ist nicht nur davon die Rede, dass es mittlerweile 400 Millionen durch Kaspersky-Technologien geschützte Anwender gibt, sondern unter anderem auch davon, dass 270.000 Unternehmen Kaspersky vertrauen und dass das Unternehmens seine Produkte in 200 Ländern vertreibt. All diese Zahlen vermitteln die Botschaft: „Viele vertrauen uns.“ Natürlich mit der indirekten Aufforderung: „Vertrau auch du uns.“

Aber man muss gar nicht mit Zahlen arbeiten, um diese Botschaft zu übermitteln. Wer Marktführer ist und dies herausstellt, liefert im Prinzip dieselbe Information.

Wer kein Marktführer ist, ist vielleicht „eins der führenden Unternehmen der XY-Branche“ und könnte diese Information prominent auf seiner Website platzieren. Auch relative Erfolge können bisweilen beeindrucken: „Wir gehören zu den am schnellsten wachsenden Marken Deutschlands“.

Allerdings sollte man bei alldem immer kritisch hinterfragen, ob eine Aussage sich wirklich als Conversions steigernder Social Proof eignet. „376.000 Kunden vertrauen uns“ lässt wenig Interpretationsspielraum, während „Wir gehören zu den größten Unternehmen unserer Branche“ bei kritischen Kunden viele Fragen aufwirft: Gehört die Firma zu den größten zehn, 50 oder 100 Unternehmen? Bedeutet das wirklich konkrete Vorteile für mich? Gibt es vielleicht einen besseren Mitbewerber (z.B. das größte Unternehmen der Branche)?

2. Das beliebteste Produkt (Bestseller)

Natürlich sind auch Produktrankings und Bestsellerlisten eine Art von Social Proof, allerdings mit anderem Ziel. Sie dienen nicht dazu, allgemein das Vertrauen in einen Anbieter zu stärken, sondern sollen den Verkauf bestimmter Produkte ankurbeln. Typisch sind Bestsellerlisten für viele Medienhändler, die regelmäßig Listen mit den am meisten verkauften Büchern, Filmen, Liedern… veröffentlichen. Dadurch steigt der Druck auf potenzielle Kunden, diese Medien auch zu kennen, um mitreden zu können.

Aber natürlich sind Produktrankings und Bestsellerlisten für viele andere Produktgruppen ebenfalls sinnvoll. Vielleicht macht man es wie der Online-Möbelhändler Home24 und wählt bei der Sortierung auf Kategorieseiten eine Voreinstellung, die die beliebtesten Produkte zuerst anzeigt?

Oder man nimmt sich Amazon als Vorbild und präsentiert nicht nur die am häufigsten gekauften Produkte, sondern auch diejenigen, die am häufigsten auf Merk- und Wunschzetteln landen?

3. Kundenstatements: Platzierung und Präsentation

Prominent platzierte Kundenstatements haben vor allem bei beratenden B2B-Unternehmen, Dienstleistern (B2B und B2C) sowie Anbietern von B2B Komplettlösungen (z.B. IT) einen festen Platz, aber man findet sie auch im B2C-Handel. Testen könnte man beispielsweise eine Präsentation von Statements

  • mit oder ohne Bild des Zitierten,
  • (falls mit Bild) einer weiblichen/männlichen, jüngeren/älteren Person sowie
  • mit unterschiedlichen Formulierungen desselben Sachverhalts
  • an unterschiedlichen Stellen der Website.

Bei der letztgenannten Testmöglichkeit kann man auch einmal ungewöhnliche Platzierungen testen. Der Online-Modeshop Navabi zeigt etwa ein Kunden-Statement in einem Infofeld. Es öffnet sich erst beim Mouse-Over unter dem Hinweis „Mode-und Stilberatung“, um die Beratungsleistung gezielt zu bewerben.

4. Menschen mit exponierter Stellung für sich gewinnen

Menschen mit exponierter Stellung – heißt das Stars? Nein. Natürlich sind Stars Menschen mit einer exponierten Stellung. Die meinen wir hier allerdings nicht, weil es sich in der Regel nur die ganz großen Anbieter leisten können, mit Stars zu werben.

Aber eine exponierte Stellung haben auch die eingangs erwähnten Zahnärzte, wenn es um Zahncreme geht, oder Möbeldesigner bei der Frage, was schöne Möbel ausmacht. Letztlich besitzt derjenige eine herausgehobene Stellung, dem die Zielgruppe diese zuschreibt.

Infrage kommen (abhängig vom Angebot, das beworben werden soll) auch lokale Größen, die außerhalb der Region kaum jemand kennt, oder interessante Persönlichkeiten, die bisher nur einen kleinen Kreis von Fans um sich geschart haben.

Onlinehändler sollten deshalb überlegen, welche Menschen speziell für ihr Angebot das Potenzial haben, sich vor der Zielgruppe zu profilieren: Auch der nette Ökobauer vom Hof X oder die gut aussehende Geschäftsfrau kann werbewirksam sein.

5. Vom Statement zur Fallstudie

Ein Social-Proof-Element muss keineswegs allein für sich stehen, sondern kann Teil einer Kette sein, die den Kunden über mehrere Schritte zum Angebot führt. So kann man beispielsweise überlegen, Kundenstatements mit jeweils passenden Fallstudien zu verbinden. Das Statement macht neugierig, die Fallstudie zeigt auf, wie vorteilhaft das jeweilige Angebot wirken kann und ein Call to Action lädt schließlich dazu ein, sich das Angebot näher anzusehen.

Social Proof: Manchmal muss man vorsichtig sein

Jetzt wird es Zeit, sich auch gewisser Risiken bewusst zu werden, die mit dem Einsatz von Social-Proof-Elementen verbunden sind. Eins hatten wir bereits genannt: Wenn aus Sicht der Zielgruppe die falsche Person Begeisterung für ein Produkt ausdrückt, wird die Werbung schnell zur Antiwerbung.

Aber es gibt noch ein anderes Risiko: „Für dieses Kleid haben sich bereits 23.639 Kundinnen entschieden“. Das könnte so klingen, als würde man bald auf der Straße täglich andere Frauen im gleichen Kleid treffen. Wer Mode als Ausdruck von Individualität versteht, wird von solch einem Gedanken eher abgeschreckt. Und wenn man als Reiseanbieter ein Hotel als dasjenige bewirbt, für das sich die meisten Kunden entschieden haben, könnte das nach Massentourismus klingen und im Kopf des Interessenten unerwünschte Assoziationen wecken.

Man sollte stets damit rechnen, dass sich ein Social-Proof-Element als negativ für die Conversion-Rate erweist. Tests sind daher im Vergleich zu einer unkritischen Nutzung die bessere Wahl.

Tipps zum Weiterlesen:

Produktbewertungen und Testberichte für Onlineshops (Premium-Praxisguide) Kundenfeedback zur Conversion-Optimierung nutzen (Premium-Praxisguide) Beitrag aus der kanadischen „The Globe and Mail“ zum Thema Social Proof (englisch)

Der Autor

Julian Kleinknecht - Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht
Geschäftsführer & Gründer

Julian Kleinknecht hat viele Jahre Erfahrung in den Bereichen Web-Analyse und A/B-Testing und teilt sein Wissen oft bei LinkedIn.

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